Sonntag, 4. Mai 2014

Welchen Schuh ziehe ich mir an?

Und darf ich dann über die nicht passenden Schuhe urteilen?

Der Kinderwunsch ist ein heikles und emotionales Thema.
Vieles hört man tausendmal ("Denkt einfach nicht mehr dran, fahrt in den Urlaub...") und manches klingt von sich aus absurd.

Es gibt tausend Herangehensweisen, die mehr oder weniger zum Erfolg führen oder zumindest dabei unterstützen.
Gerade wenn frau schon lange "im Geschäft" ist, sieht und hört sie sehr vieles.

Ich höre und lese teilweise sehr krasse Statements:
"Transfers am Tag 4 kannst Du völlig knicken, das sind Morulas, die taugen nichts!"
"Down Regulation mit Nasenspray macht voll die Nebenwirkungen, lass Dir die Spritze geben - das ist super!"
"Homöopathie ist komplett rausgeschmissenes Geld"
"Was willst Du in dieser Kinderwunschklinik? Die haben keine Ahnung!"
"Die Bücher von Birgit Z*** sind völlig für die Füße"
"Wie? In der Dosierung sollst Du das nehmen? Das ist doch Schwachsinn!"

Das sind ein paar Beispiele - teilweise etwas überspitzt dargestellt.
Aber Ihr versteht, was ich meine?

Da sitze ich doch als IVF-Neuling (oder generell Neuling in der Kinderwunsch-Thematik) da und denke, alles läuft hier schief.
Klinik taugt nichts, Medikamente werden falsch eingesetzt und wenn der Transfer tatsächlich mit Morulas erfolgen sollte, dann ist echt alles zu spät.

Bitte versteht mich nicht falsch:
ich finde es genial, dass es Foren gibt, in denen man sich austauscht.
Wo man jede noch so banale Frage stellen kann (auch mal nachts um drei) und darauf Antwort bekommt.
Dass man von einem Erfahrungsschatz profitieren kann, der manches Ärztewissen übersteigt.
Viele extrem gute Tips kommen aus dieser Richtung und haben auch schon oft zum Erfolg geführt (ich spreche nur das Thema Schilddrüse und die optimale Einstellung an). 

Aber es gibt eben einen Unterschied, welche Worte man wählt.
Besonders, wenn es in schriftlicher Form erfolgt.
Ein Statement, schnell in die Tastatur gehauen und schon steht es im Thread drin und jeder Suchende findet es noch die nächsten 10 Jahre.

Jetzt kommen wir zum Titel dieses Posts:
Ich wähle in der Therapie meinen eigenen Weg.

Die Hauptstrasse wird meistens von der Diagnose und den sich ergebenden Konsequenzen vorgegeben.
Wenn das Spermiogramm schlecht ist oder die Eileiter verschlossen - dann kommt man mit GvnP (Geschlechtsverkehr nach Plan) halt nicht weiter, dann muss ne IVF oder ICSI her.

Das Drumherum bestimme ich aber persönlich.
Entweder mir liegt Homöopathie oder ich trinke den "Kindlein-komm-Tee".
Ich mache Akkupunktur oder lese Birgit-Z***-Bücher.
Ich gehe zur Psychotherapie oder mache übermässig Sport.
Ich schmeisse mir Nahrungsergänzungmittel ein oder mache eine Diät. 
Oder ich mache garnichts zusätzlich. 
Oder mehreres gleichzeitig.

Darf ich dann aber über die Richtungen urteilen, die ich nicht mache?
Klar hat es einen Grund (zumindest wahrscheinlich), aber kann man den nicht sachlich rüberbringen?
Warum  muss ich so emotional abwertend schreiben und damit andere verunsichern, die vielleicht mit der Philosophie einer Birgit Z*** gut unter die Arme gegriffen bekommen?

Ich erwische mich auch ab und zu dabei, dass ich schnell mal zu manchen Sachen etwas überheblich meinen Senf dazugeben möchte.
Besonders, wenn der eigene Weg zur Zeit recht klar erscheint, neigt man dazu.

Wie gesagt:
Auch wenn man selber von manchen Schuhen nichts hält, einem anderen passen sie.
Und solange der gerade aktuelle Fall nicht gesundheitsgefährdend oder grob fahrlässig ist, kann man als Erfahrener im Kinderwunschgeschäft ratend zur Seite stehen.
Aber Vorsicht mit diesen tückischen emotionalen Nebensätzen, die die Aussage einer komplette Diskussion nichtig machen können.

Puh, da ist das "Nur mal ganz kurz im Forum lesen" ja jetzt echt ausgeartet... 

Macht´s gut,
Eure Nora



4 Kommentare:

  1. Hallo Nora, ich muss dir wirklich beipflichten. Ich war auch neu in der KiWu Thematik und habe mich durch so manches Forum als stille Leserin wirklich fix und fertig machen lassen.
    Aber dann hat mein Verstand eingesetzt und ich habe beschlossen, dass das mir alles nicht gut tut und ich nur meine "Schuhe" tragen werde. Anderen mögen andere Schuhe passen, aber ich bleibe bei meinen.
    Und so surfte ich auf meiner Welle, mit meinen Medis. Und schwupp...hatte damit letztlich auch sehr großes, noch immer unfassbares Glück, dass der erste ICSI Versuch ein Volltreffer war bzw. ist.
    Ich bin so dankbar dafür, dass ich in diesem Strudel der Verzweiflung nicht jahrelang gefangen sein muss. Denn ich weiß, früher oder später wäre ich wieder in diesen Foren gelandet...
    Aber dann geht es weiter. Frühschwangerschaft. Sorgen. Panik. Und man tendiert wieder dazu in Forum Werte abzugleichen. Aber ach hier habe ich jetzt einen Riegel vorgeschoben. Wenn meine Ärtzin sagt, dass alles in Ordnung ist, dann ist das so. Natürlich gibt es immer mal wieder Menschen dazwischen, die bedingt durch ihre lange Geschichte viel an Wissen gewonnen habe und sicher auch gute Ideen habe, aber ich habe trotzdem beschlossen, dass meine Ärzte durch ihr Studium und ihre Erfahrung ebenso wissen was sie tun. Und seitdem ich nur noch meine Schuhe trage, geht es mir deutlich besser. Ich bin relaxter. Ist ja auch kein Wunder...sie sind eingelaufen und machen mir keine Blasen!

    Liebe Grüße

    Penny

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    1. Liebe Penny,
      erstmal herzlichen Glückwunsch!!!
      Ich hoffe, dass alles ohne weitere Sorgen gut weitergeht!

      Schön, dass es Dir mit Deinen Schuhen gut geht.
      Es ist so wichtig, hinter dem zu stehen, wofür man sich entschieden hat.
      Und wenn Du ein gutes Bauchgefühl dabei hast, dann bist Du in einer soviel besseren Position als viele andere!

      Alles Liebe,
      Nora

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  2. Hallo Nora.
    Ich sehe es wie Penny und du. Man muss selbst seinen Weg finden. Oder seine Schuhe. Die bei denen das Bauchgefühl stimmt. Denn alle anderen haben, für einen selbst, keinen Wert. Anderen mögen sie passen. Es ist eben jede und jeder anders.
    Ich stehe nun relativ kurz vor meiner ersten IVF/ICSI und ich lese ebenfalls viel in anderen Foren / Blogs. Und manchmal überkam mich eine regelrechte Panik. Was ist mit diesem und jenem? Wieso schlägt mein Arzt mir das nicht vor? Oder wieso schlägt er mir genau das vor?
    Daher lese ich manche Dinge (und manche nicht mehr), höre auf mein Bauchgefühl und entscheide dann ob ich mir hierüber nährere Informationen hole oder eben nicht. Bei mir schlägt Homöpathie z.B. supergut an. Ob nun die "Mittel" an sich oder eben "durch meine Einbildung" ist mir letztlich egal. Hauptsache es hilft wie es soll. Und das tut es.
    Und ich würde auf meine Therapie nicht mehr verzichten wollen. Weil sie mir so sehr geholfen hat und es einfach gut tut wenn man jmd hat der einem manchmal hilft die Ordnung im Kopf / in den Gefühlen wieder herzustellen.
    Aber dennoch würde ich nie darüber urteilen wenn jmd anderes anderer Meinung ist. Das muss schlichtweg jeder für sich selbst entscheiden.
    Ich für meinen Teil bin mit meinem "Team" was ich hinter mir habe super und rundum zufrieden und habe ein megatolles Bauchgefühl. Also warum sollte ich daran was ändern? Ich vertraue auf deren Erfahrung und Können. Die wissen schon was sie tun. Und sie werden mir zu meinem Baby verhelfen. So viel ist sicher!
    Liebe Grüße
    J.B.

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  3. Liebe J.B.,
    genauso ging es mir auch.
    "Warum hat meine Ärztin das und das gemacht - und warum diese Variante garnicht vorgeschlagen? Alles blöd! Klinikwechsel?!?"
    Besonders am Anfang ist das sehr schwierig!

    Ich habe Vertrauen zu meiner Ärztin und dann gehe ich den Weg mit ihr.
    Klar hat sie es nicht immer leicht mit mir, ich spreche sie recht offen auf manche Vorschläge an.
    Bisher konnte sie mir aber immer begründen, warum sie einen anderen Weg wählt.

    Ich wünsche Dir alles Gute für den nächsten Schritt, ich gehe ihn ja gerade selber.
    Ich bin seeeehr gespannt! ;-)

    Lieben Gruß,
    Nora

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