Immer wieder stosse ich auf Threads, in denen sich über die Kosten der Arzneimittel unterhalten wird.
Die Arzneimittel, die zur Hälfte oder ganz gezahlt werden müssen.
Je nach Art und Menge der benötigten Medikamente beläuft sich sowas schnell mal im vierstelligen Bereich.
Ob jetzt eine 1 oder eine 2 vorne dran steht, das ist auf jeden Fall ein großer Brocken Geld.
Reaktionen, die ich dann lese, sind z.B.:
"Kein Wunder, dass die Apothekerin so verdammt freundlich war"
"Danach haben sie bestimmt zugemacht - der Umsatz des Tages war ja drin"
"Da hab ich mal wieder einen Teil zum Porsche/Urlaub/... des Chefs beigetragen"
"Für DEN Betrag hätten sie ruhig mal ne größere Zugabe geben können..."
"Noch nicht mal mit der Kreditkarte durfte ich zahlen!"
"Sie haben mir nicht den günstigsten Import bestellt, laut Liste gibt es günstigere!"
Wie sieht das denn nun wirklich aus?
Zum Thema Importe:
je nach Medikament gibt es zahlreiche Importfirmen, zum Teil unterscheiden sich die Preise doch sehr.
Aber nicht jeder Import ist auch lieferbar (oder zumindest zum schnellstmöglichen Zeitpunkt).
Nicht jeder Import weist gewisse Merkmale auf, die der Arzt auf dem Rezept verordnet hat (z.B. Sicherheitsspritze, Pen,...).
Und nicht jede Apotheke "wagt" sich, einfach so für den Preis eine Packung zu bestellen, die von aussen meistens eher unattraktiv aussieht. Wenn Ihr dann schon aus dem Laden raus seid und keine Möglichkeit der Nachfrage besteht...
Darum fragt am besten einfach von Euch aus nach, ob es nicht günstigere Alternativen gibt.
Zum Thema Geld:
Vor einigen Jahren hat sich die Honorierung der Apotheke geändert.
Das Ziel war wie immer eine Kostenreduzierung im Gesundheitssystem.
- Vorher wurde die Apotheke prozentual (degressiv gestaffelt) am Preis beteiligt. Hochpreisige Medikamente waren dadurch durchaus lukrativ.
- Mittlerweile bekommt eine Apotheke pro Packung ein Honorar von 8,35€ - egal, wieviel das Medikament kostet. Wenn eine gesetzliche Krankenkasse im Spiel ist (auch wenn Ihr 50% der Kosten tragen müsst), dann muss ein Pflichtrabatt von 1,80€ abgetreten werden (um die maroden Kassen zu unterstützen.) ;-) Macht also pro Packung erstmal 6,55€.
- Dazu kommt als "Lagerkostenausgleich" eine Spanne von 3% auf den Preis minus MwSt. => bei 1000€ sind das also 30€. (Das soll entstehende Kosten durch Retouren, Verfall und nicht zu vergessen die 6-Wochen-Vorfinanzierung durch die Apotheke auffangen. Wenn ein Medikament verfällt oder nicht retourniert werden kann, dann bleibt die Apotheke komplett auf den Kosten sitzen.)
- Man kann grob rechnen, dass der Rohertrag (wovon also alle Kosten noch abgehen) bei ca. 3,1% des Preises liegt.
- Weitergerechnet mit Norm-Kosten/-Mieten/-Durchschnittsgehältern kommt man pro Packung auf einen Gewinn von 0,4%, die dann natürlich auch noch versteuert werden müssen. Und von dem Rest muss der Apothekenleiter seine eigenen Vorsorgen leisten.
Vor allem der Hersteller und der Staat.
Auf Medikamenten liegt immer noch 19% MwSt., obwohl schon länger gefordert wird, sie steuerrechtlich auf eine Stufe mit Lebensmitteln zu stellen.
Ich hoffe, dass damit ein wenig Licht in diese Sache gekommen ist.
Es wird somit klar, dass bestimmte Sonderleistungen wie Kreditkarten-Zahlung (kostet die Apotheke Extra-Gebühren) oder große Zugaben nicht unbedingt drin sind.
Was ich aber auf jeden Fall klarstellen möchte:
auch wenn die Zahlen eine andere Sprache sprechen, wir in der Apotheke sind sehr gerne für jeden Kunden da!
Wir sind (bis auf wenige schwarze Schafe) engagiert, wir tuen unser Möglichstes, um gut und schnell die benötigten Medikamente zu liefern und auch in dieser Lebenssituation als Partner an der Seite des Kunden zu stehen.
Wenn Ihr eine gute Apotheke habt, dann unterstützt sie auch von Eurer Seite.
Auch wenn die Packung Schmerzmittel vielleicht 50 Cent mehr kostet als im Internet (häufig steuern aber auch die niedergelassenen Apotheken mit Angeboten dagegen) - es handelt sich um eine Mischkalkulation, durch die oben genannte schmale Renditen (oder teilweise auch Verlustgeschäfte) wieder aufgefangen werden.
Ich füge hier nochmal etwas nachträglich ein:
Die Medikamente gibt es ja teilweise deutlich günstiger im Ausland.
Das liegt (zum Teil) daran, dass diese Länder die Arzneimittel generell geringer besteuern. Guter Durchschnitt ist hier 6%, manche Staten sogar noch weniger bis garnichts (siehe auch hier).
Bitte achtet nur darauf, bei seriösen Anbietern zu bestellen (Stichwort: Arzneimittelfälschungen) und die Lieferzeit mit Worst-case-Szenario einzuberechnen.
Macht´s gut,
Eure Nora
P.S.: wer das Ganze nochmal etwas anders aufgeschlüsselt nachlesen möchte: hier habe ich eine ganz gute Aufstellung gefunden - die aber nicht mehr ganz aktuell ist.
Damals standen wir kurz vor der MwSt-Erhöhung von 16% auf 19% und die Apotheken wurden von der Presse (wie auch jetzt immer wieder) als die ganz großen Preistreiber und Abkassierer im Gesundheitssystem angeklagt.
Ausserdem wurden die Zwangsabschläge an die Krankenkassen angepasst, aber trotz Milliardenüberschüssen und den Einsparungen durch die Rabattverträge (das wäre einen eigenen Blogeintrag wert...) noch nicht erlassen.
Mittlerweile muss jede Apotheke pro Packung noch 16Cent zur Finanzierung einen Notdienstfonds entrichten, damit die Notdienste auch auf dem Land nicht ein völliges Minusgeschäft werden.